Fragen zum Kontemplativen Beten
- Wo kann ich meditieren?
Wählen Sie einen Ort, an dem Sie möglichst ungestört sind. Das kann eine Ecke in einem Zimmer sein oder ein freier Raum in Ihrer Wohnung. Gestalten Sie sich diesen Ort vielleicht mit einem Bild, einer Kerze, einer Blume, so dass Sie diesen Ort gern aufsuchen. Auch wenn Sie unterwegs sind, können Sie meditieren, z.B. auf dem Weg zur Arbeit in einer Kirche, in einem Hotelzimmer, einem Ruheraum am Arbeitsplatz usw.
- Wann ist eine gute Zeit zum Meditieren und wie viel Zeit brauche ich dazu?
Suchen Sie in Ihrem Tagesablauf eine feste und geschützte Zeit zur Meditation. Am frühen Morgen ist eine empfehlenswerte Zeit. Je nach Lebensumständen oder eigenem Rhythmus können aber andere feste Zeiten notwendig sein (z.B. für unterschiedliche Schichten, für Wochentage und -enden, für Tage zu Hause oder unterwegs). Manchmal hilft es, sich die Meditationszeiten für die kommende Woche im Kalender einzutragen. Regelmäßigkeit hilft die Meditation zu einer guten Gewohnheit werden zu lassen, die unser Leben nach und nach durchformen kann.
Meditieren Sie täglich mindestens 30 Minuten in einer zusammenhängenden Zeit. Zum Beenden der Zeit können Sie einen Wecker stellen. So müssen Sie sich während der Meditation nicht um die Zeit sorgen.
- Wie kann ich ungestört meditieren?
Sprechen Sie sich mit Ihren Mitbewohner:innen ab, dass dies eine Zeit ist, in der Sie nicht gestört werden möchten. Andere mögen sich in dieser Zeit um das Telefon und die Türklingel kümmern.
Wenn keine anderen Mitbewohner:innen da sind, die sich um Telefon etc. kümmern, versuchen Sie Störungen auszuschalten, indem Sie zum Beispiel den Anrufbeantworter einschalten, die Klingel abstellen etc.. Geräusche oder andere Störungen von außen können Sie wahrnehmen, kümmern Sie sich nicht weiter darum.
- Wie sitze ich während der Meditation?
Für das kontemplative Beten braucht es keine besondere Sitzhaltung wie den Lotussitz oder ähnliches. Wichtig ist, dass Sie eine halbe Stunde aufrecht und entspannt sitzen können. Dies kann auf einem Meditationskissen, einem Meditationsbänkchen oder einem Stuhl sein. Achten Sie auf guten Kontakt zum Boden und zur Sitzfläche. Die Wirbelsäule sollte sich frei aufrichten können. Entspannen Sie Schultern und Gesicht und schließen Sie die Augen.
- Wie kann ich mich im Alltagstrubel auf das Gebet einstellen?
Wenn Sie aus dem Alltagstrubel heraus in Ihre Gebetszeit gehen, kann es sein, dass es zum Übergang eine Unterstützung braucht. Sie können einen kleinen Spaziergang machen, einige Körperübungen oder einfach etwas ausruhen, bevor Sie sich zum Gebet hinsetzen.
- Wie gestalte ich die Gebetszeit?
Machen Sie sich vor allem bewusst, dass Sie die Zeit ganz für Gott und für sich haben. Sie müssen nichts erreichen und nichts leisten. Es ist eine zweckfreie geschenkte Zeit.
Sie können am Beginn einen Text aus der Bibel lesen. Das Tagesevangelium finden Sie zum Beispiel im Internet unter https://www.evangeliumtagfuertag.org. Über die Bibelstelle denken Sie nicht nach, sondern Sie fühlen sich darin ein und nehmen wahr, was der Text in Ihnen auslöst.
Meditieren Sie dann, indem Sie zunächst Ihren Atem wahrnehmen, die Aufmerksamkeit in den Raum zwischen Ihren Händen lenken und mit jedem Ausatmen „Jesus“ und mit jedem Einatmen „Christus“ innerlich sprechen. Lauschen Sie auf den Klang des Namens.
Meditieren Sie in den Grundhaltungen der Kontemplation:
- Hellwach dabei sein.
- Mit lebendigem Interesse dabei sein.
- Dabei bleiben (wenn Sie sich zerstreut haben, kommen Sie klar und entschieden wieder neu zur Wahrnehmung zurück, indem Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Spüren der Hände und den Klang des Namens richten).
Beenden Sie die Gebetszeit mit einem kurzen mündlichen Gebet.
Am Ende der Gebetszeit können Sie einen kurzen Moment verweilen und die Meditation nachwirken lassen. Sie können sich ein paar Stichworte von dem, was sich Ihnen in dieser Zeit innerlich gezeigt hat, in ein Geistliches Tagebuch notieren.
- Worauf muss ich beim kontemplativen Gebet besonders achten?
Für das kontemplative Beten gibt es einige grundsätzliche Haltungen, die Sie sich immer wieder vergegenwärtigen können:
Kontemplatives Gebet ist Wahrnehmen. Im Vertrauen darauf, dass Gott wirkt, nehmen Sie einfach wahr, was sich in der Stille zeigt und bleiben Sie aufmerksam dabei. Alles, was im Gebet geschieht, darf da sein. Wahrnehmen und Vertrauen sind die beiden wesentlichen Grundhaltungen für das kontemplative Gebet. Setzen Sie sich nicht unter Druck, bleiben Sie jedoch in Treue und Entschlossenheit in der Atmosphäre des kontemplativen Betens. Nachdenken, Analysieren, Planen, Bewerten gehören nicht in diese Zeit.
Gebet ist Beziehung. Wenden Sie sich der Beziehung zu Jesus Christus zu. Lernen Sie in dieser Beziehung mit allem, was jetzt in Ihnen ist, zu verweilen. Aus Zerstreuungen kehren Sie immer wieder neu mit Ihrer Aufmerksamkeit zu den Händen und zum Jesusnamen zurück.
Nachfolgende Grundsätze können Sie sich am Beginn der Gebetszeit in Erinnerung rufen:
- Ich muss nichts erreichen.
- Ich muss keine Ruhe finden.
- Es muss jetzt nichts Besonderes passieren.
- Ich lasse jetzt geschehen.
- Ich nehme jetzt wahr und vertraue.
- „Es ist, was es ist, sagt die Liebe"
- Kann ich den Weg auch in Gemeinschaft mit anderen gehen?
Das Beten in einer Meditationsgruppe kann den individuellen Weg stärken, gibt Orientierung und eröffnet einen Raum zu gegenseitigem Austausch in Gemeinschaft. Meditationsgruppen, die den hier beschriebenen Gebetsweg praktizieren, finden Sie hier. Es handelt sich um offene Gruppen, denen man sich einfach anschließen kann (manchmal ist zum Einstieg ein Vorgespräch mit der Kontaktperson der Gruppe nötig). Auch kann man andere einfach zum gemeinsamen Meditieren einladen.
- Wie kann ich das kontemplative Gebet kennenlernen?
An vielen Orten werden Hinführungskurse zum kontemplativen Gebet angeboten. Diese finden in der Form von eintägigen Hinführungstagen oder einem Wochenende oder von mehrwöchigen „Exerzitien im Alltag" (bei denen man sich einmal pro Woche trifft) statt. Solche Angebote finden sich hier. Weitere Möglichkeiten sind Exerzitien oder unser Onlinekurs.
Eine Einführung gibt auch das Buch „Kontemplative Exerzitien“ von Franz Jalics.
Die „Gespräche“ aus dem Buch können auch Wegbegleiter für den Alltag sein. Beispiele für solche Gespräche finden Sie weiter unten.
Gestaltung einer Gebetszeit
Einstimmung: Ich begebe mich zu dem Gebetsplatz, den ich mir hergerichtet habe. Nach einer Verneigung oder einem Kreuzzeichen nehme ich meine Sitzhaltung ein. Ich erneuere meine Bereitschaft, die Zeit ganz Gott zu schenken und in Beziehung zum Namen zu treten. Bringe ich Interesse für diese Beziehung mit, ein Sehnen nach Vertiefung? Ich muss nichts erreichen, ich darf einfach da sein. Ich kann ein kurzes Gebet oder ein Vaterunser sprechen.
A) Wort aus der Hl. Schrift
(ca. 5 Minuten, nachfolgender Text oder Tagesevangelium: evangeliumtagfuertag.org)
Hinweis: Wir nähern uns an die Schrifttexte dieses Kurses über die Wahrnehmung, nicht über das Denken, an. Ich lasse den Text und seine Atmosphäre auf mich wirken wie ein Kunstwerk, das ich betrachte, eine Skulptur, die ich ertaste, eine Begegnung oder ein Gedicht, die etwas in mir auslösen. Ich achte auf die Resonanz oder Resonanzlosigkeit in mir: Was berührt mich? (ein Wort, ein Bild, eine Geste oder Person der Bibelstelle) Was empfinde ich dabei? (Freude, Traurigkeit, Ärger, Unbehagen, Staunen) Ich nehme es wahr, brauche nicht zu bewerten oder zu verändern.
„Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.“ (Joh 15,11-16)
B) Jesus-Gebet (ca. 25 Minuten)
Ich achte auf meinen Atem, lege die Handflächen zusammen und verweile bei der aufmerksamen Wahrnehmung des Raumes oder der Berührung zwischen meinen Handflächen. Bei jedem Ausatmen spreche ich ein inneres „Jesus“. Bei jedem Einatmen spreche ich innerlich „Christus“. Ich nehme wahr, ob bzw. wie der Name „Jesus“ mit dem Ausatmen in meinen Handflächen ankommt. Ich achte darauf, ob mit dem Namen „Jesus Christus“ ein innerer Klang verbunden ist, eine Atmosphäre, in die ich eintauchen darf. Wie erlebe ich die Beziehung zu Jesus Christus? Ich bleibe beim Aus- und Einatmen bei „Jesus - Christus“. Der Name darf im natürlichen Rhythmus mit dem Atem kommen und gehen. Ich bin hellwach dabei, bin mit ganzem Interesse da und bleibe dabei. Ich kehre mit der Aufmerksamkeit zurück, wann immer ich mich zerstreut habe.
C) Abschließendes Gebet
Ich spreche mich in einem kurzen Gebet aus, teile mich Jesus mit. Wie habe ich mich in Beziehung zu ihm erlebt? Was möchte ich ihm mitteilen, von ihm hören? Ich kann die Zeit auch einfach mit einem Vaterunser abschließen.